Hersteller geben es nie zu: Der versteckte Trick mit den Portionsgrößen kostet Sie das Doppelte

Beim Blick ins Supermarktregal fallen sie sofort auf: die praktischen Fertiggerichte, die versprechen, innerhalb weniger Minuten ein herzhaftes Essen auf den Tisch zu zaubern. Besonders Fertig-Ragouts in Dosen oder Beuteln wirken verlockend – die Packung verspricht oft „2 Portionen“ oder „Für 3 Personen geeignet“, und der Preis scheint unschlagbar günstig. Doch wer nach dem Aufwärmen enttäuscht vor einem halbleeren Teller sitzt, hat eine wichtige Lektion gelernt: Die angegebenen Portionsgrößen auf Fertiggerichten entsprechen häufig nicht der Realität und führen Verbraucher systematisch in die Irre.

Das Problem mit den Miniportionen auf der Verpackung

Die Kennzeichnung von Portionsgrößen auf Lebensmitteln folgt keiner gesetzlich bindenden Norm. Hersteller können weitgehend selbst bestimmen, was sie als „eine Portion“ definieren. Eine bundesweite Untersuchung der Verbraucherzentralen zu freiwilligen Portionsangaben auf 211 Lebensmitteln zeigte erhebliche Unterschiede innerhalb von Produktkategorien. Bei Keksen etwa variierte die angegebene Portionsgröße zwischen 5 und 44 Gramm, bei Cerealien zwischen 30 und 100 Gramm. Bei Fertig-Ragouts führt dies zu absurden Situationen: Eine Dose mit 400 Gramm Inhalt wird als „2 Portionen“ deklariert, obwohl eine realistische Hauptmahlzeit für einen Erwachsenen deutlich mehr umfassen sollte.

Diese Praxis hat System und erfüllt mehrere Zwecke gleichzeitig. Zum einen wirkt der Preis pro Portion deutlich attraktiver. Ein Ragout für 2,99 Euro erscheint als Schnäppchen, wenn es angeblich zwei Menschen satt machen soll – umgerechnet also nur 1,50 Euro pro Person. Die Realität sieht anders aus: Tatsächlich kostet die Mahlzeit pro Person das Doppelte, wenn man realistisch kalkuliert. Zum anderen lassen sich durch winzige Portionsgrößen auch die Nährwertangaben schönrechnen, was besonders gesundheitsbewusste Käufer in die Falle tappen lässt.

Der Trick mit den Nährwertangaben

Während der Gesetzgeber vorschreibt, dass Nährwerte pro 100 Gramm angegeben werden müssen, dürfen Hersteller zusätzlich die Werte „pro Portion“ ausweisen. Und genau hier wird es problematisch: Wenn die Portion künstlich klein gerechnet wird, sehen auch die Nährwerte deutlich günstiger aus. Ein Fertig-Ragout enthält pro 100 Gramm vielleicht 8 Gramm Fett und 1,2 Gramm Salz. Teilt der Hersteller die 400-Gramm-Packung in vier unrealistische Portionen à 100 Gramm, erscheinen diese Werte moderat. Isst man jedoch eine realistische Portion von 300 Gramm, nimmt man tatsächlich 24 Gramm Fett und 3,6 Gramm Salz zu sich – bereits mehr als die Hälfte der empfohlenen Tagesmenge an Salz.

Gerade gesundheitsbewusste Verbraucher, die beim Einkauf auf Nährwerte achten, fallen auf diese Darstellung herein. Die Verbraucherzentralen stellten fest, dass bei Kinderlebensmitteln die Bezugsgröße für die Portionen sich auf Referenzwerte für Erwachsene bezieht, die teilweise deutlich höher liegen als bei Kindern. Dadurch wird ein gesünderes Image für diese Produkte suggeriert. Wer die Angaben „pro Portion“ liest und nicht nachrechnet, unterschätzt systematisch, wie viel Kalorien, Fett, Zucker und Salz tatsächlich auf dem Teller landen.

Warum gerade Fertig-Ragouts besonders betroffen sind

Fertig-Ragouts sind besonders anfällig für diese Art der Irreführung, weil sie als vollständige Mahlzeit wahrgenommen werden. Anders als bei Beilagen oder Snacks erwarten Verbraucher hier eine sättigende Hauptmahlzeit. Die Enttäuschung ist entsprechend groß, wenn die Packung bei weitem nicht ausreicht. Hinzu kommt die Konsistenz vieler Fertig-Ragouts: Oft enthalten sie viel Soße und relativ wenig Fleisch oder Gemüse. Was auf der Verpackung nach einer reichhaltigen Mahlzeit aussieht, entpuppt sich beim Öffnen als dünnflüssige Angelegenheit mit wenigen festen Bestandteilen.

Die kleine Portionsgröße wird dadurch noch problematischer – das wenige Substanzielle verteilt sich auf noch mehr angebliche Portionen. Wer nicht zusätzlich Brot, Nudeln oder andere Beilagen serviert, wird mit einer einzigen dieser „Portionen“ definitiv nicht satt. Das wissen auch die Hersteller, kalkulieren aber bewusst mit unrealistisch kleinen Mengen, um ihre Produkte günstiger und gesünder erscheinen zu lassen.

Preisvergleich wird zum Hindernislauf

Die unterschiedlichen Portionsangaben verschiedener Hersteller machen einen sinnvollen Preisvergleich nahezu unmöglich. Während Produkt A eine 400-Gramm-Dose als „2 Portionen“ deklariert, bezeichnet Produkt B die identische Menge als „3 Portionen“. Der angegebene Preis pro Portion verliert damit jede Aussagekraft. Verbraucher müssen selbst umrechnen und den tatsächlichen Preis pro 100 Gramm vergleichen – eine Information, die zwar auf dem Regal-Etikett steht, aber oft übersehen wird.

Wer sich auf die großgedruckten Portionsangaben verlässt, kann keine informierte Kaufentscheidung treffen. Die irreführenden Portionsangaben beeinflussen nicht nur die Preiswahrnehmung, sondern auch das Essverhalten. Wer eine Packung mit der Aufschrift „2 Portionen“ kauft, plant möglicherweise für zwei Personen – und steht dann vor der Wahl, entweder mit knurrendem Magen aufzuhören oder spontan eine zweite Packung zu öffnen. Beide Varianten sind unbefriedigend und fördern im zweiten Fall sogar Lebensmittelverschwendung, wenn Reste übrig bleiben.

Wie groß ist eine realistische Portion wirklich

Eine Befragung der Verbraucherzentralen mit 1.490 Teilnehmenden zeigte deutlich, wie weit Herstellerangaben von der Realität entfernt sind. Bei Chips beispielsweise verzehrten Verbraucher durchschnittlich 63 Gramm pro Portion, während die Hersteller auf den Verpackungen nur 30 Gramm angaben – mehr als das Doppelte. Die Streuung bei den einzelnen Portionen war allerdings enorm, was zeigt, dass Portionsgröße sehr individuell ist und vom persönlichen Appetit, Alter und Energiebedarf abhängt.

Eine Analyse von fünf populären Mittagsmahlzeiten in deutschen Restaurants zeigte ebenfalls große Unterschiede. Currywurst mit Pommes lag im Durchschnitt bei 318 Gramm, während Schweinebraten mit Beilagen durchschnittlich 769 Gramm wog. Bei Fertig-Ragouts kann man von ähnlichen Größenordnungen ausgehen: Eine sättigende Hauptmahlzeit für einen Erwachsenen liegt realistisch betrachtet zwischen 300 und 400 Gramm, bei größerem Appetit auch darüber. Wer körperlich arbeitet oder Sport treibt, benötigt oft noch mehr.

Was Verbraucher konkret tun können

Wer sich nicht länger von unrealistischen Portionsangaben täuschen lassen möchte, sollte einige praktische Strategien anwenden. Der wichtigste Tipp: Ignorieren Sie die Portionsangaben weitgehend und orientieren Sie sich stattdessen am Gesamtgewicht der Verpackung. Als Faustregel für eine sättigende Hauptmahlzeit gilt: Erwachsene mit normalem Appetit benötigen etwa 300 bis 400 Gramm Ragout, Jugendliche und Personen mit höherem Energiebedarf eher 400 bis 500 Gramm, Kinder je nach Alter zwischen 150 und 250 Gramm.

Mit diesen Richtwerten können Sie realistisch kalkulieren, wie viele Packungen Sie tatsächlich benötigen. Eine 800-Gramm-Dose reicht demnach für zwei Erwachsene – nicht für die oft angegebenen drei oder vier Portionen. Beim Preisvergleich sollten Sie ausschließlich auf den Grundpreis pro 100 Gramm oder pro Kilogramm achten. Diese Angabe ist verpflichtend und findet sich auf dem Regal-Etikett, meist in kleinerer Schrift unter dem Hauptpreis. Nur so lassen sich Produkte verschiedener Hersteller und unterschiedlicher Packungsgrößen objektiv vergleichen.

Nährwerte selbst berechnen

Verlassen Sie sich nicht auf die Angaben „pro Portion“ in der Nährwerttabelle. Schauen Sie stattdessen auf die Werte pro 100 Gramm und rechnen Sie hoch, wie viel Sie tatsächlich essen werden. Wenn Sie wissen, dass Sie 350 Gramm Ragout verzehren werden, multiplizieren Sie alle Nährwerte mit 3,5. Erst dann haben Sie ein realistisches Bild davon, wie viel Kalorien, Fett und Salz Sie tatsächlich aufnehmen. Diese Berechnung mag umständlich erscheinen, schützt aber vor Selbsttäuschung und hilft besonders Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen auf bestimmte Nährstoffe achten müssen.

Die Problematik unrealistischer Portionsgrößen beschränkt sich nicht auf Fertig-Ragouts, sondern durchzieht weite Teile des Fertigprodukt-Segments. Von Tiefkühlpizzen über Tütensuppen bis zu Desserts im Becher – überall finden sich Portionsangaben, die eher Wunschdenken als Realität entsprechen. Verbraucherschützer fordern seit Jahren eine Standardisierung der Portionsgrößen oder zumindest klare Richtlinien, die realistische Angaben garantieren. Bislang ohne durchschlagenden Erfolg.

Solange die rechtliche Situation unverändert bleibt, sind Verbraucher auf ihre eigene Aufmerksamkeit und kritische Haltung angewiesen. Wer seine Einkäufe bewusst plant, Portionsangaben hinterfragt und sich an Gewicht statt an Marketing-Versprechen orientiert, ist bereits gut gewappnet gegen diese Form der Irreführung. Das erfordert anfangs etwas Übung und Rechenaufwand, wird mit der Zeit aber zur Routine – und schützt nicht nur vor Enttäuschungen beim Abendessen, sondern auch vor unnötigen Mehrausgaben an der Kasse.

Wie viel Gramm Fertig-Ragout isst du wirklich pro Mahlzeit?
Unter 200 Gramm reichen mir
200 bis 300 Gramm
300 bis 400 Gramm
Über 400 Gramm mindestens
Ich esse keine Fertiggerichte

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