Wer beim Wocheneinkauf zu den bunten Aktionsschildern mit vermeintlichen Schnäppchen greift, übersieht dabei oft ein entscheidendes Detail: Die Nährwerttabelle auf der Rückseite der Flasche. Gerade bei Ketchup, einem der beliebtesten Würzmittel in deutschen Haushalten, wird dieser Blick zur Pflichtübung – denn was viele nicht wissen, ist die erschreckende Menge an Zucker, die sich in der roten Soße verbirgt. Während die Vorderseite mit Rabatten und appetitlichen Tomatenbildern lockt, erzählt die Nährwerttabelle eine ganz andere Geschichte.
Die Psychologie hinter Aktionspreisen und bunten Etiketten
Supermärkte setzen gezielt auf optische Reize, um unsere Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Große Prozentzeichen, gelbe Preisschilder und Mengenrabatte lenken unsere Aufmerksamkeit auf den vermeintlichen Preisvorteil. Was dabei in den Hintergrund rückt, ist die Qualität und Zusammensetzung des Produkts. Bei Ketchup führt diese Ablenkungstaktik besonders häufig dazu, dass Verbraucher zur günstigeren Variante greifen – ohne zu bemerken, dass sie damit oft zur zuckerreichsten Version im Regal gegriffen haben.
Die Platzierung von Aktionsprodukten auf Augenhöhe oder an Kopfenden der Gänge verstärkt diesen Effekt zusätzlich. Unser Gehirn registriert „Angebot“ und schaltet gleichzeitig den kritischen Vergleichsmodus ab. Genau in diesem Moment sollten wir aber besonders wachsam sein.
Zucker in Ketchup: Die erschreckenden Zahlen
Die Unterschiede zwischen verschiedenen Ketchup-Sorten sind dramatischer, als die meisten vermuten. Während manche Produkte nur 13 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthalten, liegen andere bei über 25 Gramm – das ist beinahe die doppelte Menge. Bei einer typischen Portion von 20 Gramm – was ungefähr einem gehäuften Esslöffel entspricht – nehmen wir bei den zuckerreichsten Varianten bereits rund fünf Gramm Zucker zu uns. Klingt nach wenig? Bei zwei Portionen zu den Pommes oder zur Bratwurst sind das bereits zwei Würfelzucker zusätzlich zur Hauptmahlzeit. Mehr über dieses Thema erfahrt ihr unter Zucker in Ketchup: Die erschreckenden Zahlen.
Besonders problematisch wird es bei Familien mit Kindern. Kinder lieben Ketchup und verwenden ihn oft großzügig. Über den Tag verteilt kommt so schnell eine beachtliche Zuckermenge zusammen, die häufig gar nicht als solche wahrgenommen wird. Anders als bei Süßigkeiten oder Limonade assoziieren die meisten Menschen Ketchup nicht primär mit Zucker, sondern mit Tomaten und damit indirekt mit etwas Gesundem.
Wenn Schnäppchen zur Gesundheitsfalle werden
Eine interessante Beobachtung aus dem Supermarktalltag: Häufig landen genau jene Varianten im Angebot, die einen besonders hohen Zuckergehalt aufweisen. Doch der hohe Zuckergehalt ist nicht das einzige Problem. Untersuchungen haben gezeigt, dass gerade bei bekannten Marken auch andere Qualitätsmängel auftreten können. So wurden in einzelnen Produkten Schimmelpilzgifte in bedenklichen Mengen nachgewiesen – teilweise das Vierfache des empfohlenen Richtwertes.
Diese Schimmelpilzgifte entstehen, wenn bei der Verarbeitung minderwertige oder verschimmelte Tomaten verwendet werden. Während Lebensmittelkontrollen im Jahr 2019 bei 65 untersuchten Ketchup-Proben maximal 10,8 Mikrogramm pro Kilogramm fanden, lagen einzelne bekannte Markenprodukte bei 47 Mikrogramm pro Kilogramm. Das zeigt: Aktionsware und bekannte Namen sind keine Garantie für einwandfreie Qualität.
So entschlüsselt ihr die Nährwerttabelle
Der Blick auf die Nährwerttabelle erfordert etwas Übung, lohnt sich aber enorm. Die Zeile „Kohlenhydrate, davon Zucker“ ist dabei entscheidend. Alles über 15 Gramm Zucker pro 100 Gramm gilt als hoch, alles über 20 Gramm als sehr hoch. Die besten Produkte liegen bei etwa 13 Gramm. Auch die Reihenfolge der Zutaten verrät viel: Steht Zucker an zweiter oder sogar erster Stelle nach Tomaten, ist der Anteil besonders hoch. Weitere Informationen findet ihr unter Die Nährwerttabelle richtig lesen.
Achtet außerdem auf versteckte Zuckerarten wie Glukose-Fruktose-Sirup, Dextrose, Maltose oder Dicksäfte, die ebenfalls in der Zutatenliste auftauchen können. Manche Hersteller geben Nährwerte für unrealistisch kleine Portionen an, um die Zahlen besser aussehen zu lassen – ein weiterer Trick, den ihr durchschauen solltet.

Der Vergleich lohnt sich immer
Nehmt euch im Supermarkt die Zeit, verschiedene Produkte nebeneinander zu halten und die Nährwerttabellen zu vergleichen. Die Unterschiede können dramatisch sein: Während ein Produkt 25 Gramm Zucker pro 100 Gramm enthält, kommt ein anderes mit 13 Gramm aus – das ist fast die Hälfte. Diese Differenz summiert sich über das Jahr zu einer erheblichen Menge.
Besonders aufschlussreich ist der Vergleich zwischen Aktionsware und Standardprodukten. Dokumentiert für euch selbst einmal die Zuckerwerte von drei verschiedenen Ketchup-Varianten im Regal – eine im Angebot, eine zum regulären Preis, eine als Eigenmarke. Häufig werdet ihr feststellen, dass die vermeintlichen Schnäppchen ernährungsphysiologisch die schlechteste Wahl darstellen.
Alternative Strategien beim Ketchup-Kauf
Es gibt durchaus Möglichkeiten, sowohl preisbewusst als auch gesundheitsbewusst einzukaufen. Achtet auf Ketchup-Varianten mit der Kennzeichnung „weniger Zucker“ oder „zuckerreduziert“. Einige Hersteller bieten mittlerweile Varianten mit halbiertem Zuckergehalt an, die nur noch 11 Gramm pro 100 Gramm enthalten – deutlich weniger als die 23 Gramm der Standardversion.
Eine weitere Option ist der Griff zu Bio-Produkten. Tests haben gezeigt, dass gerade Bio-Ketchup oft die niedrigsten Zuckerwerte aufweist. Der Spitzenreiter unter den getesteten Produkten war ein Bio-Ketchup mit nur 13 Gramm Zucker pro 100 Milliliter. Zudem sind Bio-Hersteller transparenter bei der Herkunft ihrer Rohstoffe, was zusätzliche Sicherheit bietet.
Selbstgemachte Alternativen und Verwendungstipps
Die wahrscheinlich gesündeste und preiswerteste Lösung ist hausgemachter Ketchup. Mit Tomatenmark, passierten Tomaten, Essig, Gewürzen und einer kleinen Menge Honig oder Agavendicksaft lässt sich in 15 Minuten eine Alternative herstellen, bei der ihr die Zuckermenge selbst bestimmt. Diese Variante kommt oft mit einem Drittel der Zuckermenge industrieller Produkte aus und schmeckt deutlich tomatiger.
Falls Selbermachen keine Option ist: Verdünnt gekauften Ketchup mit Tomatenmark im Verhältnis 2:1. Das reduziert den Zuckergehalt pro Portion erheblich und intensiviert gleichzeitig den Tomatengeschmack. Gerade Kinder gewöhnen sich schneller an weniger süße Varianten, als viele Eltern vermuten.
Macht bewusste Kaufentscheidungen
Als Verbraucher haben wir mehr Macht, als wir oft glauben. Jeder bewusste Griff zu zuckerreduzierten Produkten sendet ein Signal an Hersteller und Handel. Wenn sich die Nachfrage verschiebt, reagiert auch das Angebot. Einige Handelsketten haben bereits begonnen, ihre Eigenmarken zu reformulieren und den Zuckergehalt schrittweise zu senken.
Macht die Nährwerttabelle zu eurem festen Begleiter beim Einkauf. Lasst euch nicht von Aktionspreisen blenden, sondern rechnet den Preis pro Portion bei gleichzeitigem Blick auf die Zuckermenge um. Ein vermeintliches Schnäppchen, von dem ihr aus gesundheitlichen Gründen weniger verwenden solltet, ist letztlich kein gutes Geschäft. Fotografiert die Nährwerttabellen verschiedener Produkte mit dem Smartphone, um zu Hause in Ruhe vergleichen zu können. Erstellt euch eine persönliche Liste mit akzeptablen Produkten, die sowohl preislich als auch inhaltlich überzeugen.
Wer zwischen einem Produkt mit 13 Gramm Zucker und einem mit 25 Gramm wählen kann, sollte die Entscheidung nicht dem Zufall oder einem gelben Preisschild überlassen. Die Spanne ist zu groß, die gesundheitlichen Auswirkungen auf Dauer zu bedeutsam. Der bewusste Umgang mit Ketchup und anderen stark gezuckerten Produkten beginnt mit Information und setzt sich durch konsequente Kaufentscheidungen fort. Jede Flasche mit reduziertem Zuckergehalt, die ihr statt der Aktionsware wählt, ist ein Gewinn für eure Gesundheit und die eurer Familie.
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